Zart besaitetes Haus für Musik in Graz: MUMUTH bringt Architektur zum Klingen
Düren, 12.04.2010: Mozart, Haydn, Mahler, Strauß, Lehár oder Franz von Suppé: Österreich hat Musik im Blut. Die Geschichte des Landes ist durch eine musikalische Vielfalt geprägt, die ihresgleichen sucht. Mit der Zauberflöte schuf Mozart die erste deutsche große Oper, Strauß machte den Wiener Walzer unsterblich und Haydn beglückte die Welt mit berühmten Oratorien. Unzählige Sonaten, Sinfonien, Streichquartette und Konzerte der berühmtesten Komponisten haben hier ihren Ursprung. Auch Ludwig van Beethoven siedelte früh nach Wien um und setzte mit seinen Werken Maßstäbe, deren musikgeschichtlicher Einfluss bis heute unübertroffen ist. Doch auch fernab von Opernball, Philharmonie und Walzerseeligkeit prägt das Land ein außergewöhnlicher Sinn für Harmonie und Tonkunst. Imposante Bauwerke aus allen Epochen manifestieren den Ruf des Alpenlandes als architektonische Schatzkammer. Mit dem Haus für Musik und Musiktheater (MUMUTH) in Graz dokumentiert ein neues Baujuwel die frappierende Seelenverwandtschaft von Musik und Architektur. „Echte Kunst ist eigensinnig“ reklamierte bereits Beethoven, der zu seiner Zeit als Meister der Improvisation gefeiert wurde, die Freiheit des Gestaltens. Diese identitätsstiftende Dialektik prägt auch das MUMUTH, das von Ben van Berkel und seinem renommierten niederländischen Architekturbüro UNStudio entworfen wurde. 1998 aus einem internationalen Architekturwettbewerb mit 212 Einreichungen hervorgegangen, wurde das Gebäude nach langen Planungen und zweijähriger Bauzeit nun seiner musischen Bestimmung übergeben. Eine filigrane Hülle aus Metallgewebe der GKD – Gebr. Kufferath AG inszeniert das MUMUTH als zart besaiteten Klangkörper.
Die Kunst der Fuge
In seinem Entwurf griff Ben van Berkel die klassische Beziehung zwischen Musik und Architektur auf und interpretierte sie durch bewusste Verdrehungen neu. So schuf er ein Gebäude, das die Lebendigkeit der in ihm praktizierten Musik sinnlich erfahrbar macht und die Architektur zum Klingen bringt. Mit frei fließenden Formen und Raumanordnungen unterstützt es die Musik ebenso, wie die Musik die Form des MUMUTH beeinflusst hat. Der „TWIST“, eine gegeneinander verdrehte Spirale aus Sichtbeton, ist in Analogie zur Kunst der Fuge dominantes Leitmotiv. Ihr gestalterisches Prinzip von Rhythmik, Wiederholungen und Dichte verleiht dem MUMUTH im Inneren seine Unverwechselbarkeit. Um sie dreht sich alles und je nach Standort erschließen sich immer neue Perspektiven. Mit elegantem Schwung verbindet die Spirale den Publikumseingang über einen breiten Treppenaufgang mit dem eigentlichen Foyer und dem großen Saal im ersten Stock sowie den darüber liegenden Räumen. Als frei definierte Verbundkonstruktion trägt sie die Foyerdecke, ist aber zugleich Unterkonstruktion für die Treppe. So folgt die Gebäudeform dem von Ben van Berkel formulierten Prinzip „From Box to Blob and back again“. In einer einzigartigen Geste geht der strikte mehrgeschossige Raum – die black Box des Theaters – nahtlos in eine Reihe ineinander fließender Räume – den Blob – über. Stilisierte Notenschlüssel zieren als Ornamente die umlaufende Glasfassade. Ihre plastische Entsprechung finden sie an den sonst schlichten Wänden.
Beeindruckende Technik
Herzstück des dreistöckigen Baus ist der 530 qm große multifunktionale Saal mit 450 Sitzplätzen und wegweisender Bühnentechnologie. 108 unabhängig von einander steuerbare Hebepodeste ermöglichen immer neue Topographien mit bis zu drei Metern Höhenunterschied. Zwei Probebühnen, diverse Proberäume für Orchester und Musiktheater, Büros und Technikräume komplettieren in fließender Raumanordnung das 18 Millionen Euro teure Gebäude. Während die Bühne für Orchesterproben unter dem Foyer ebenerdig mit direkter Sichtverbindung zum Park untergebracht ist, befindet sich die Probebühne des Musiktheaters im 3. Obergeschoss. Diese Anordnung mit zwischengeschaltetem Foyer trennt die Bereiche akustisch optimal und erlaubt deshalb ihre zeitgleiche Nutzung.
Raum gewordene Musik
Raffiniert unaufgeregt vermittelt auch die äußere Form des MUMUTH die sorgsam komponierte Harmonie. Als dezent schimmernder Monolith gewährt das Gebäude von Außen nur abends Einblick in die komplexe Partitur der Raum gewordenen Musik. Die leicht gewölbte metallische Haut tritt tagsüber in ein behutsames Zwiegespräch mit der Umgebung. Abends inszenieren LEDs die schützende Membran als Komposition aus Transparenz und Farbenspiel. Das Metallgewebe Omega von GKD – Gebr. Kufferath AG materialisiert die Glasfassade des Grazer Prestigeprojekts als Variation über ein Thema. In unterschiedlichen Dichten mit fließenden Übergängen gewebt, bietet die textile Haut tagsüber gleichermaßen Sicht- und Sonnenschutz. Zugleich bewirkt sie, dass die Schatten der verfremdeten Notenschlüssel auf den Boden der Innenräume geworfen werden. Je nach Betrachtungswinkel und Sonnenstand verflüchtigen sich diese Projektionen oder die Noten bewegen sich auf dem Boden wie eine unhörbare Melodie. 66 Bahnen Omegagewebe à 17,50 m x 3,30 m bilden die 4.000 qm große transluszente Hülle. Die zweifach gekrümmten Bereiche der Fassade stellten das Dürener Unternehmen vor besondere Herausforderungen. Anders als bei üblichen Anwendungen wurden die Schnittkanten des normalerweise orthogonalen Gewebes nicht gerade, sondern gebogen gefertigt, um sich an die leicht bauchige Fassadenform wie eine zweite Haut anzupassen. Diese radialen Gewebekanten mussten mit zusätzlichen Flachprofilen konfektioniert und beim Spannen der Fassadenpaneele entsprechend aufwändig fixiert werden. Das Ergebnis gibt den Planern Recht: Rhythmus, Harmonie und Proportion des gewebten Schleiers verschmelzen Inneres und Äußeres des MUMUTH zu einer zauberhaften Sinfonie aus Glas, Beton und Edelstahl.
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GKD – Gebr. Kufferath AG ist als inhabergeführte technische Weberei Weltmarktführer im Bereich Architektur- und Designgewebe aus Metall. Mit sieben Werken, zwei davon in Deutschland, die übrigen in den USA, in England, Spanien, Südafrika und China sowie einer Niederlassung in Dubai und weltweiten Vertretungen ist GKD überall auf dem Globus marktnah vertreten.
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